Awareness & Consideration: Die drei Schritte des Phasen-Modells
Eine Customer Journey bezeichnet den Weg Ihrer Nutzer von dem ersten Kontakt mit Ihrer Website bis zum Kauf oder – im weniger erfreulichen Fall – zum Absprung. Diese Reise lässt sich in verschiedene Phasen unterteilen. Betrachten Sie die Customer Journey genauer, erhöht sich die Komplexität der Werbestrategie, verschafft Ihnen aber auch einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber Ihrer Konkurrenten.
Was im klassischen Marketing schon lange bekannt ist, wird im Online Marketing häufig wenig Beachtung geschenkt: Das Kaufinteresse eines Nutzers kann in wenigen Augenblicken entstehen, das gelingt jedoch nicht immer. Nutzer, die innerhalb weniger Sekunden ein starkes Kaufinteresse an einem Produkt entwickeln und den Kauf beim ersten Besuch Ihrer Website abschließen, haben bereits verschiedene Phasen vor oder während des Besuchs durchlaufen.
Welche Phasen und Modelle gibt es?
Mit dem Wissen um die einzelnen Phasen können Sie als Werbetreibender die Werbewirkung Ihrer Werbemittel erhöhen. Das bekannteste Phasenmodell, das sich dieses Wissens bedient, ist das AIDA-Modell aus dem klassischen Marketing. Hier soll beim Nutzer zuerst Attention (Aufmerksamkeit), dann Interest (Interesse), Desire (Verlangen) und schließlich Action (Handlung) ausgelöst werden.
Im Online Marketing haben sich andere Modelle durchgesetzt. Besonders bekannt ist das See – Think – Do Framework des Googles Digital Marketing Evangelisten Avinash Kaushik.
Ein weiteres Modell mit einem wissenschaftlichen Kontext beinhaltet die folgenden Phasen:
- Dormant: Der Nutzer ist inaktiv.
- Awareness: Die Aufmerksamkeit des Nutzers wurde erregt.
- Consideration: Der Nutzer erwägt einen Kauf.
- Purchase: Der Nutzer kauft das Produkt.
In einem erweiterten Modell kann zur vollständigeren Betrachtung des Customer-Lifetime-Values auch die Phase Post Purchase hinzugezogen werden, auf die in diesem Beitrag jedoch nicht näher eingegangen wird.
Direkte Informationen darüber, in welcher Phase sich ein Nutzer befindet, haben Sie als Werbetreibender nicht. Auch wann (und ob) ein Benutzer in die nächste Phase wechselt, ist für Sie nicht direkt beobachtbar. Lediglich einige allgemeine Angaben können Sie zur Hilfestellung nutzen: So haben wir in einer Studie zum Beispiel nachgewiesen, dass die Dauer und die Anzahl der Interaktionen bis zum Kauf mit zunehmendem Warenkorbwert steigt.
Drei Schritte, um das Phasenmodell zu verwenden
Auch wenn Ihnen keine direkten Informationen über Ihre Nutzer zur Verfügung stehen, ist der folgende Ansatz für Sie sinnvoll. Konzentrieren Sie sich dafür zunächst auf die Kanäle statt den einzelnen Nutzer. Manche Kanäle eignen sich besser für die Bewerbung in einer frühen oder auch späteren Phase als andere. Ein paar Beispiele sollen Ihnen das mehr verdeutlichen.
Die meisten Werbetreibenden messen den Erfolg jedes Werbemittels mit dem dadurch entstehenden Umsatz, ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass dieses Ziel unangemessen ist. Denn der „Kauf“ oder die „Anfrage“ ist in vielen Situationen gar kein geeignetes oder realistisches Ziel für eine Benutzer-Interaktion. Es ist unwahrscheinlich, dass ein Nutzer aus dem Kontext einer Social Media Plattform oder einer Newsseite heraus nach einem Klick auf einen Banner einen Kauf durchführt – schließlich ist seine ursprüngliche Intention nicht der Kauf, sondern das Lesen eines Artikels oder das Interagieren mit seinen Kontakten.
Die Intention ist nicht vergleichbar, mit der aktiven Suche nach einem Produkt und dem anschließenden Klick auf eine erscheinende Anzeige. Die Chance auf eine Conversion ist in den meisten Fällen höher.
Nutzer, die von Social Media Plattformen kommen, sind deshalb jedoch nicht weniger wichtig für Sie: Diese Nutzer befinden sich einfach nur in einer anderen Phase. Schaffen Sie es jetzt, sie zu einem Phasensprung in eine nächste Phase zu bewegen, haben Sie so die Chance auf eine spätere Conversion, die ohne die vorherige Interaktion nicht möglich gewesen wäre.
Wie bereits erwähnt, wissen Sie nicht, in welcher Phase sich ein Nutzer befindet. Sie können jedoch einschätzen, welcher Marketingkanal zu welcher Phase passt. Welche Zuordnung korrekt ist, kann sich je nach Situation verändern, die Tendenz ist jedoch meistens die gleiche. Die nachfolgende Grafik zeigt eine Einteilung, wie sie oft zum Einsatz kommt. Falls Sie andere Kanäle verwenden, sollten Sie diese entsprechend ergänzen.
Die Zielsetzung und Bewertung des Erfolges eines Werbemittels sind damit abhängig von der jeweiligen Phase, in die der Kanal einsortiert wurde.
Eine passende Analogie zur Verdeutlichung lässt sich im Sport finden: Die Leistung eines Mittelfeldspielers im Fußball wird nicht ausschließlich an die Anzahl seiner Tore geknüpft, sondern viel mehr an andere Kennzahlen, wie die Anzahl seiner Vorlagen oder seinen Beitrag zum Spielaufbau. Darüber hinaus würde eine Beurteilung nur über Tore gar keine signifikanten Ergebnisse ermöglichen: Die Anzahl der Tore ist oft viel zu gering, um Spieler miteinander vergleichen zu können. Analog dazu ist die Anzahl der Conversions, zum Beispiel im Display Netzwerk, ebenfalls zu gering, um als Entscheidungsgrundlage zu dienen und die Effizienz einzelner Anzeigen abschätzen oder sie untereinander vergleichen zu können.
Durch diese Sichtweise verändert sich sogar die Herangehensweise bei der Erstellung von Werbemitteln: Der Werbetreibende versucht nun nicht mehr, mit allen Mitteln und in jeder Situation Conversions zu erzwingen und zum Einkauf zu animieren, vielmehr strebt er stattdessen an, Kanäle innerhalb der Customer Journey zu positionieren und das Werbeformat und die Werbenachricht zu finden, die in der jeweiligen Phase den größten Wert zur Erreichung des gesetzten Phasen-Zieles bieten.
Die zentralen Aufgaben für Sie sind daher diese hier:
- Die Zuordnung von Kanälen zu einer passenden Phase
- Definieren der Phasen-Ziele und Festlegung von Kennzahlen zur Messung des Erfolges Ihrer Kanäle
- Implementierung des Ansatzes
1. Die Zuordnung von Kanälen zu Phasen
Einen Vorschlag für die Zuordnung habe ich Ihnen zwar bereits gemacht, möchte aber hier noch etwas präziser werden. In diesem Modell hat jeder Kanal eine Ausgangsphase und eine (primäre) Zielphase. Wird ein Kanal der Ausgangsphase Awareness zugeordnet, ist Consideration die Zielphase, die erreicht werden soll. Die Zielphase wird mit „primär“ gekennzeichnet, da ein Sprung in eine höhere Phase natürlich ebenfalls nicht unerwünscht ist. Schauen Sie sich einfach das nachfolgende Beispiel an.
Kanal | Ausgangsphase | (primäre) Zielphase |
---|---|---|
Amazon | Consideration | Purchase |
Direktzugriffe | Consideration | Purchase |
Display | Dormant | Awareness |
Awareness | Consideration | |
Organic Search | Awareness | Consideration |
Sponsored Search | Awareness | Consideration |
Preisvergleich | Consideration | Purchase |
Referral | Dormant | Awareness |
Google Shopping | Awareness | Consideration |
Social Media | Dormant | Awareness |
2. Definieren der Phasen-Ziele
Die Einflussfaktoren in diesem Modell lassen sich in zwei Kategorien einteilen. In der ersten Kategorie wird die auf eine Interaktion nachfolgende Interaktion betrachtet und als Indikator für den Erfolg einer Interaktion gesehen, in der zweiten geht es um das Benutzerverhalten bei der betrachteten Interaktion selbst. Bei trafficdesign nutzen wir bei einigen Kunden eine komplexe Berechnungsformel, die beide Faktoren miteinbezieht und damit interaktionsübergreifend agiert. Um dieses Modell für den Einsatz in Ihrem persönlichen Kontext möglich zu machen, beschränken wir uns hier allerdings auf die Messung des Benutzerverhaltens.
Da Sie weder einen Phasensprung noch ein gesteigertes Interesse direkt messen können (im Gegensatz zu einer Conversion), müssen Sie eine andere Kennzahl finden, die Ihnen zeigt, dass ein Phasen-Ziel erreicht, also durch ein Werbemittel mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ein Beitrag zur Vorbereitung einer Conversion geleistet wurde.
Diese möchten wir Interaktions-Leistung nennen, und lässt sich mit einer Art Micro-Conversion vergleichen. Sie beinhaltet in den meisten Fällen Kennzahlen, wie:
- Seiten-Aufenthaltsdauer
- Absprungrate
Es hat sich bewährt, die genauen Phasen-Ziele je nach Kunde und Branche individuell festzulegen.
3. Implementieren des Ansatzes
Der letzte Schritt ist theoretisch ganz einfach, in der Durchführung ohne technische Hilfsmittel jedoch aufwändig: Erstellen Sie nun für jeden Ihrer Kanäle ein explizites Phasen-Ziel und achten Sie bei Ihrer monatlichen Auswertung des Erfolges eines Online Marketing Kanals darauf, dass Sie wirklich nur dieses Ziel betrachten, in der Praxis liegt genau hier die Schwierigkeit.
Verstehen Sie diesen Absatz nicht falsch. Natürlich dürfen Sie auch direkte Conversionen miteinbeziehen, aber nicht als primäre Metrik! In der Praxis fällt es vielen Werbetreibenden schwer, sich auf ihre individuell festgelegten Ziele zu verlassen, da ein direkter Umsatz nicht zu erkennen ist. Bleiben Sie hier konsequent!
Schlusswort
Wie in so vielen Fällen handelt es sich auch hier um einen iterativen Prozess. Sie müssen regelmäßig kontrollieren, ob die gewählten Ziele zu Ihren Kanälen und zu Ihrer Zielgruppe passen. Achten Sie aber darauf, dass Ihre Kontrollen nicht nur dazu dienen, Ihre gewählten Interaktionsziele infrage zu stellen.
Führen Sie diese Schritte regelmäßig durch und sorgen Sie dadurch dafür, dass Sie Ihre „Passgeber“ im Kontext Ihrer Online Marketing Kanäle nicht vernachlässigen. Dann haben Sie einen wichtigen Schritt zu einer erfolgreichen Multi Channel Strategie gemeistert.
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